Die Mathildenhöhle

Die Mathildenhöhle, Deutschlands größte Juragipshöhle.

 

von Ingo Dorsten und Uwe Fricke

Zusammenfassung:

Die Mathildenhöhle im Hils (Leinebergland) nahe Hannover im Bundesland Niedersachsen stellt aus geologischer und speläologischer Sicht ein Novum in Deutschland dar. Mit 317m Gesamtganglänge ist sie mit Abstand die größte Höhle im Juragips innerhalb der Bundesrepublik Deutschland.
Bislang ist den Autoren und den Harzer Höhlenforschern keine weitere Höhle im Juragips im europäischen Raum bekannt. Auch Nachfragen im Internet ergaben bislang noch keine vergleichbaren Karstformen in dieser Gesteinsart. Mit einer Gesamtganglänge von 317 m gehört die Mathildenhöhle zu den 20 längsten Gipshöhlen in Deutschland (Kempe 1998). Diese erstmalige Vorstellung der Mathildenhöhle soll auf dieses vermutlich einzigartige Karstphänomen im Juragips aufmerksam machen und zu weiteren Forschungsarbeiten anregen.

 
Einleitung

Die Höhle war der Höhlenforschung bis Anfang 1998 nicht bekannt, es wurde allerdings schon seit über 20 Jahren an dieser Stelle ein längerer Hohlraum vermutet. Im Rahmen der Jahrestagung der ArGeKH vom 10. -12. Oktober 1980 im Selter-, Ith- und Hilsgebiet wurde das Gelände in der Nähe der Mathildenhöhle schon einmal unter karstkundlichen Gesichtspunkten besichtigt.

Zu einer bislang uns unbekannten Zeit (vermutlich in den achtziger Jahren), brach der Erdfall schon ein Mal ein, wurde mit Hölzern abgedeckt und wieder verfüllt. Der selbe Erdfall öffnete sich im Jahre 1997 wieder und gab somit den Zugang zur Höhle frei.

 


Am 17.02.1998 gelang den ArGeKH - Mitgliedern Ingo DORSTEN und Lothar MIDDEN die Erstbefahrung dieser aktiven Durchflusshöhle auf einer Länge von ca. 150 m, nachdem Ingo DORSTEN den Eingangsschluf durch Grabung erweitert hatte. Es folgten nun mehrere Befahrungen und die Höhle wurde bis zu ihrem derzeitigen Endpunkt erforscht. Am Wochenende vom 17. bis 19.04.1998 wurde eine Vermessung der Höhle und des Geländes durch die ArGeKH und dem SBH durchgeführt.



An Vermessungsgeräten stand uns ein optoelektronischer Tachymeter Zeiss Elta 3 der Firma ÖBVI Reimer (Goslar) zur Verfügung. Mit Hilfe des Tachymeters war es unter der Leitung von Siegfried WIELERT schnell möglich, einen exakten Oberflächenplan im Bereich der Höhle aufzunehmen.


Die untertägige Vermessung erfolgte mit Hängezeug. Es war kein leichtes Unterfangen, in der außerordentlich schlammigen Höhle die Vermessungsarbeiten durchzuführen. Bei der kleinsten Unachtsamkeit wäre sofort das Meßprotokoll unleserlich geworden. Problematisch war vor allem der Bereich vor dem Eingangsschluf. Blieb man nur wenige Sekunden auf der gleichen Stelle stehen, so versank man bis zu den Knien im Schlamm und konnte sich nur mit Hilfe anderer Höhlenforscher wieder befreien.


Regionale Geologie

Das beschriebene Karstgebiet befindet sich im Kernbereich der sogenannten Hilsmulde. Dieser für die norddeutsche Landschaft prägende Gebirgsbau ist im wesentlichen auf den Einfluss der Salztektonik zurückzuführen. Die im unteren Malm begonnene Abwanderung des Zechsteinsalzes im tiefen Untergrund führte zu einem Absinken der Schichten im Zentrum dieser Mulde und zu einem Emporheben seiner Randbereiche. So entstand die typisch schüsselförmige Ausbildung mit dem Hils im Kern und dem Ith, Selter und Thüster Berg als weithin sichtbare, äußere Begrenzung.
Etwa zur Zeit des oberen Malm befand sich zwischen der damaligen Hildesheimer Halbinsel und dem Pyrmonter Landvorsprung  eine schmale Meeresbucht, in der mit zunehmender Einschnürung vom Festland eine Eindampfung des Meeres einsetzte. Die Achse der sogenannten „Hils-Lauenauer Senke“ erstreckte sich etwa vom heutigen Rodenberg bei Hannover bis zum südlichen Hils.
Der Münder Mergel erreicht in der südwestlichen Hilsmulde eine Mächtigkeit von bis zu 150 m. Er gliedert sich in den Oberen Bunten Mergel -, den Anhydrit -, und in den Unteren Bunten Mergel (HARK 1956).

In der Anhydrit – Folge  sind zwei bis vier Gips- bzw. Anhydritlagen eingeschaltet, die 5 – 15 m mächtig sind und von 2 – 10 m mächtigem, dunklen Tonstein getrennt werden.
Diese Sulfatlager treten im Weser – und Leinebergland nur an wenigen Stellen zu Tage. Die größten Vorkommen befinden sich im östlichen Hils nördlich des Dorfes Holzen und am südwestlichen Hils zwischen den Dörfern Stroit und Varrigsen. Hier wurde der Gips in der Vergangenheit auch in einigen kleineren Steinbrüchen abgebaut, jedoch ohne größere industrielle Ausmaße zu erreichen, da der Vergipsungsgrad mit zunehmender Überdeckung abnimmt.
Ein kleines Vorkommen existiert noch am kleinen Deister, das lediglich durch einige Erdfälle lokalisiert werden kann.
An anderer Stelle in Norddeutschland findet sich der Münder Mergel mit seinen Sulfatlagern noch am nordwestlichen Wiehengebirge bei Hopsten. Hier kann die auslaugende Tätigkeit des Grundwassers ebenfalls an einigen recht großen Erdfallseen wie dem „Großen Heiligen Meer“ beobachtet werden ( DECHEND, W. & MERKT, J. 1970 ).



Höhlengenese

Die Mathildenhöhle ist eine typische Schichtgrenzenhöhle im Gips des Münder Mergel des Oberen Jura. Sie ist an der Schichtgrenze zwischen Gips und Tonschichten angelegt. Für ihre Entstehung ist ein aus dem Hils kommender Bach verantwortlich, der bei Erreichen der Sulfatlager hier seine Lösungskraft entfaltet. Das Wasser durchfließt eine stark zerbrochene Senke, um dann durch Erdfälle markiert der Mathildenhöhle zuzufließen. Bemerkenswert ist, dass dieser Bach nicht den durch die Topografie begünstigten kürzesten Weg ins Tal nimmt, sondern dieses Gipslager mit sehr geringem Gefälle mehrere hundert Meter unterfährt um dann erst im „Nachbartal“ dem nächsten Vorfluter zu zu fließen.

Die Mathildenhöhle stellt eine für Gipshöhlen besondere karsthydrologische Situation dar, da der Bach bei Normalwasserstand keinen laugfähigen Gips mehr erreicht. Das Wasser fließt fast ausschließlich in einem durch Schlamm abgedichteten Bachbett. Das erklärt, warum am Ende des Höhlensystems das Wasser fast ungesättigt zu Tage tritt (VÖLKER, R. 2000).

Die weitere Vergrößerung und Verkarstung der Höhle beschränkt sich zur Zeit nur auf zwei Bereiche. Sie findet bei normalen Schüttungsmengen (im Sommer ca. 250 – 300 l/min) entweder errosiv statt oder durch Herunterbrechen von Gesteinsverbänden in das Wasser. Der Raum bricht dann nach oben und das Gestein löst sich im Wasser auf. Bei einer Überdeckung von 10 m – 21 m ist daher der weitere Fortgang der oberflächlichen Veränderungen abzusehen. Ein ca. 20 cm x 30 cm großer Block, der absichtlich ins Wasser gelegt wurde,  war innerhalb von zwei Monaten aufgelöst und bis auf einen kleinen Rest verschwunden.
Lediglich bei Hochwasser kann noch eine Verkarstung zu den Seiten hin stattfinden.
Sehr schön kann man den Verlauf der Landschaftsentwicklung im Bereich der Gipslager beobachten. Er kann im wesentlichen in drei Bereiche eingeteilt werden.

1. Unbeeinträchtigte Gipslager, wenn weder ein Bach noch Grundwasserströme diese berührt. Hier bleibt die ursprüngliche Landschaftsgestalt lange bestehen.

2. Zügige Abtragung des Gipses bei Kontakt mit einem Gerinne. Erkennbar an Erdfall -, Höhlen -, und langsamer Talbildung.

3. Abgeschlossene Auslaugung des Sulfatlagers durch deutliche, hangparallele Talentstehung, wie z.B. einige Kilometer nördlich der Mathildenhöhle nahe der Ortschaft Varrigsen.

Plan der Mathildenhöhle nach Vermessungen der ArGeKH. CAD: Siegfried Wielert. Zeichnung : Uwe Fricke 1998

Der Zugang zur Höhle im Jahr 1998, heute ist er wieder verschüttet. Foto: Ingo Dorsten 1998

Die Aufnahme eines Geländeprofils oberhalb der Höhle. Arbeit mit Tachymeter und Prisma. Foto: Ingo Dorsten 1998

Vermessungsarbeiten mit dem Tachymeter. Foto: Ingo Dorsten 1998

Der Höhlenplan wurde in die Oberflächentopografie intergriert um Aufschlüsse über die Lage der Höhle im Gelände zu bekommen.

Typische Landschaftform im Leinebergland

Hier erkennt man deutlich die Grenze zwischen den verkarstungsfähigen Gips, mit Alabasterknollen und dem söhligen Tonstein, der eine undurchlässige Schicht bildet. Foto: Ernst Schuhose 1999

Erwähnenswert ist auch, dass die Höhle und die davor liegenden Erdfälle einem sehr schnellen Veränderungsprozess unterliegen. So wurden in der Zeit von Februar 1998 bis Dezember 1998 fast 30 Befahrungen durchgeführt. Bei fast jeder Befahrung konnten Veränderungen in der Höhle und an den Erdfällen festgestellt werden. Besonders ausgeprägt war dies bei starker Durchnässung des Bodens zu beobachten. In der Zeit von 1998 bis 2001 wurde die Höhle nicht mehr befahren, da der Einstieg unzugänglich geworden war. Im April 2001 ergab sich die Gelegenheit einer Befahrung, bei der sehr starke Deckenbrüche in den ersten 20 Höhlenmetern festgestellt wurden. Einige Stellen dürften bis nahe der Erdoberfläche herangekommen sein, so dass dort die nächsten Einbrüche zu erwarten sind.

Höhlenbeschreibung

Die Mathildenhöhle bildet zusammen mit dem Bach bzw. dem Höhlengerinne, sowie den davor und danach gelagerten kleinen Tälern von Schwinde und Quelle ein exemplarisch ausgebildetes kleines Gipskarstgebiet. Leider wurde dieses Kleinod durch den Menschen schon nachhaltig gestört. So befindet sich zum Beispiel eine wilde Mülldeponie im Bereich der Schwinde in der große Mengen an Müll (Öl- und Fettkanister, Öfen und PKW-Teile, Kühlschränke und Schutt) lagern. In der Höhle befindet sich nur Kleinmüll, vor allem Kunststoffe und PE-Flaschen die dort eingeschwemmt wurden. Das auf die Quelle folgende kleine Bachtal ist durch den Einbau des Betonrohres trocken gelegt und inzwischen stark verlandet und zugewachsen.



Im Bereich der Bachschwinde finden sich eine Reihe von Erdfällen. Einer dieser Erdfälle wurde im Jahr 1999 auf gegraben und die anschließende Höhle auf einer Länge von 10 m vermessen. Sie ist als Bachzubringer der Mathildenhöhle zu sehen (Mathildenzuflusshöhle, Kat. Nr.: 4025 / 020). An einer anderen Stelle bildet der Bach im Zusammenhang mit weiteren Erdfällen eine kleine Naturbrücke, bis er dann endgültig im Untergrund verschwindet. Nur ein tiefer Erdfall oberhalb der Schwinde deutet auf die auslaugende Tätigkeit im Untergrund hin.


        
Der Erdfall weist eindeutig auf die starke Auslaugung im Untergrund hin. Seine Tiefe beträgt ca. 5 m. Er stößt dann auf eine Kluft im Gipsgestein, die den Zugang zur Höhle bildet. Die Sohle dieser N – S streichenden Kluft unterhalb des Erdfalls ist als solche nicht erkennbar. Sie ist mit meterhohen zähen Schlammassen überdeckt, welche allmählich den Eingang zur Höhle zu schlämmen. Nachdem man sich über eine Länge von ca. 3 m durch den Schlamm gekämpft hat, gelangt man zu einer Engstelle, dem Eingangschluf.



Hier trifft man das erste Mal auf das Gerinne, welches aus dem Schlamm austritt und nach knapp einem Meter freien Lauf gleich wieder in einer unschliefbaren Schichtfuge verschwindet. Zum Zeitpunkt der Entdeckung bildete hier der Bach einen Siphon und die weitere Fortsetzung war erst nach Aufgraben einer Lehmplombe befahrbar. Hat man den Eingangsschluf passiert, so gelangt man in einen geräumigeren, durchschnittlich 3 m breiten und bis zu 2,5 – 3 m hohen 330° gegen Norden streichenden Gang. Am Anfang des Ganges kommt das Gerinne wieder zum Vorschein und durchfließt den vorgenannten Gang auf seiner gesamten Länge. Nach 20 m senkt sich die Decke bis auf einen halben Meter hinunter, sie steigt aber nach der knapp 2 m langen Engstelle gleich wieder auf 2 bis 2,5 m Deckenhöhe an. Der nun folgende Gang ist etwas breiter und bildet fast schon eine langgestreckte Halle mit einer Länge von 28 m und einer Breite von bis zu 5 m. Die Bachsohle verläuft auf Tonstein, also auf der Schichtgrenze. An einigen Stellen hat sich das Gerinne schon mehrere Dezimeter in den Tonstein eingetieft. Das Gerinne mäandriert hier leicht und streicht zuerst gegen Norden und nach gut 12 m gegen NW, um nach weiteren 15 m wieder seine ursprüngliche Richtung von 330° gegen Norden einzunehmen. Kurz vor dem Meßpunkt 107 treten zwei kleine Nebengerinne in den Hohlraum ein. Diese Gerinne führen stark eisenhaltige Wässer aus SW – Richtung mit sich, deren Ablagerungen auf der Sohle im Lehm deutlich sichtbar sind. Dieses Eisen setzt sich am Rand der "Strudeltöpfe" in kleinen Nestern ab. Die an dieser Stelle halb im Schlamm vergraben gefundene alte Karbidlampe dürfte wohl aus dem dörflichen Müll vom Wasser eingeschwemmt worden sein. Vermutlich kommen diese Gerinne aus einem Erdfallgebiet welches ca. 15 m westlich der Höhle am leicht ansteigenden Wiesenhang endet und eine ungefähre Erstreckung von knapp 30 m W-E besitzt. Ein weiteres kleines Gerinne tritt knapp 10 m hinter dem Eingangsschluf an der nordöstlichen Wange ein.


Kai Böttcher beim durchkriechen des Eingangsschlufes Die Aufnahme entstand aus dem Inneren der Höhle in Richtung Erdfalltrichter. Foto: Ingo Dorsten 1998

Verfolgt man oberirdisch das im Untergrund fließende Gerinne, so gelangt man nach ca. 15 m zu einem großen und tiefen, frischen Einsturztrichter. Der auf einer Rinderweide liegende Erdfall ist fast rund und hat einen Durchmesser von 6 m x 7 m. Eine Kuh musste vor einiger Zeit aus dem Einbruch geborgen werden. Kinder des Grundstückseigentümers, die in der Nachbarschaft wohnen, gaben dem Erdfall den eindrucksvollen Namen „Wildstrudelloch“, da bei höheren Wasserständen das Rauschen und Gurgeln des Wassers im Untergrund zu hören ist.


Der hallenartige Gang verjüngt sich an seinem Ende an einer Verbruchzone. Das Gerinne hat sich einen unschliefbaren Weg unter dem Verbruch hindurch gebahnt und tritt nach 6 m unmittelbar hinter dem Verbruch wieder hervor.



Der nun folgende Gang ist etwas schmaler, er verläuft dafür sehr geradlinig auf gut 50 m Länge mit einem Streichen von 327° gegen NW. Rechts und links haben sich dicke Lehmpakete abgelagert und an einigen Stellen trifft man auf facettenartige Laugformen. Der Gang ist im Durchschnitt nur noch 1,5 m hoch und hat eine Breite von 3 bis 5 m. An seinem Ende weitet er sich wieder auf gut 6 m Breite, knickt dabei mit 275° fast exakt gegen Westen ab um nach weiteren 10 m wieder seine ursprüngliche Richtung gegen NNW einzunehmen. An dieser Stelle ist die Firste gefährlich herunter gebrochen. An einer Stelle hängt ein riesiger Sargdeckel. Hier kann man recht eindrucksvoll die Erweiterung der Höhle nach oben hin erkennen.


                Der Gangabschnitt im weiteren Höhlenverlauf wird allgemein etwas niedriger und das Gerinne mäandriert zusehends stärker mal gegen Norden mal gegen Westen. Mitunter verschwindet das Gerinne in unschliefbaren, flachen Schichtfugen, um dann nach einigen Metern wieder auf den Hauptgang zu stoßen. An einigen Stellen hat sich hier ein regelrechtes Hochwasserbett ausgebildet. Einen sehr unangenehm zu befahrenden Teil, „Eierwäsche“ im Sprachgebrauch der Entdecker genannt, stellt solch ein Hochwasserbett dar. Das eigentliche Gerinne hat sich im Untergrund einen neuen Weg gesucht. Hinter der vorgenannten Engstelle mäandriert die Höhle in gut 8 m langen Teilstücken weiter. Das Gerinne verliert sich dann in einem unpassierbaren Verbruch.


Wenige Meter davor kann man nach dem Passieren eines sehr flachen, nur 0,3 m hohen aber bis zu 3 m breiten und 10 m langen Schlufs in die eigentliche Haupthöhle weiter vorstoßen. Hier taucht das Gerinne wieder auf und fließt in einem niedrigen Gang weiter gegen Westen. An dieser Stelle steigt man wieder in das Hochwasserbett und gelangt so trockenen Fußes in einen 15 m langen, bis zu 3 m breiten und 1,5 m hohen Gang. Die Höhle knickt an dieser Stelle wieder ab und streicht mit 338° gegen NW. Der nun folgende, geräumige 2,5 bis 5 m breite Gang läßt sich auf gut 30 m Länge verfolgen, auf halber Strecke mäandriert die Höhle noch ein letztes mal von 306° nach 335°.

Der Bach verschwindet nach weiteren 5 m in einer sehr flachen und unschliefbaren Schichtfuge. Wenige Meter vor dem derzeitigen Höhlenende liegt ein eventuell befahrbarer Bruch, der aber nicht ohne größeren Aufwand aufgegraben werden kann. Knapp 6 m vor dem Punkt, an dem der Bach verschwindet, befindet sich an der linken (in Flußrichtung) Höhlenwange ein sehr enges Fenster, welches den Blick in einen verbrochenen Gang freigibt. Eventuell kann man hier mittels Grabung noch ein Stück weiterkommen. Die Vermessung hat gezeigt, daß es von diesem Punkt bis zum Quellaustritt des Höhlengerinnes an der Tagesoberfläche noch 65 m Luftlinie sind.

Die Vermessungen haben ergeben, daß die Höhle eine Hauptstreckenlänge von 290 m und eine Gesamtganglänge einschl. der kleinen Nebenstrecken von 317 m besitzt. Die größte horizontale Ausdehnung beträgt 250 m und der Höhenunterschied vom Erdfallrand bis zum tiefsten Punkt der Höhle 11,18 m. Das Gerinne legt dabei einen Höhenunterschied von nur 2,54 m zurück. Die Gesteinsüberdeckung beträgt zwischen 7 m  und 20 m. Eine in der Nähe befindliche 110 kV-Freileitung ist nicht in unmittelbarer Gefahr, da an dieser Stelle die Überdeckung 20 m beträgt und der hier stehende Leitungsmast sich  gut 5 m neben der Haupthöhle befindet.



In der Höhle finden sich überall gut ausgebildete Laug- und Fließfacetten im Gestein. Weiße Alabasterkugeln und weiße Gipsbänder geben der Höhle trotz der Schlammmassen eine eigenartige Schönheit. Teilweise hängen von der Firste Gesteinslappen herab, die nicht, wie erst vermutet, durch die Umwandlung von Anhydrit in Gips entstehen, sondern durch schichtgebundene Schwachstellen. An vielen Stellen finden sich die Reste von schwer lösbaren Kluft bzw. Schichtfugenfüllungen. Ähnliches kann man auch in der Marthahöhle im Südharz beobachten. In der Mathildenhöhle kommen diese Schichtfugenfüllungen allerdings nur in annähernd horizontaler Lage, bzw. mit dem Schichteneinfallen vor. Im vorderen Bereich der Höhle gibt es etwas Kalksinter in Form von kleinen, weißen "Makkaronis", die eine max. Länge von 4 cm aufweisen. Ebenfalls sinterähnlichen Gebilden gibt es an einigen Stellen in Form von Eisenablagerungen. Im hinteren Bereich der Gerinnestrecke finden sich vielfach wunderschöne, gebänderte Lehm- bzw. Sedimentlagen. Es gibt dort feste Lehmpakete von über 1 m Mächtigkeit, die darauf hinweisen, dass die Höhle hier ein zweites Mal durch den Bach freigeräumt wird.




Der die Höhle durchfließende Bach ist in trockenen Zeiten nur ein Rinnsal, jedoch weisen vereinzelte Äste und Blätter in der Firste darauf hin, daß die Höhle bei Hochwasser streckenweise völlig überflutet wird. Es existiert z.B. eine gut ausgebildete Wasserstandsmarke aus organischem Material im hinteren Teil der Höhle. Die Wasserstandshöhe beträgt hier mitunter 1,6 m bei max. 2 m Deckenhöhe. Der Bach hat u.a. Lehm, Kieselsteine, Tonsteintrümmer, organische Einschwemmungen, Knochen, Müll und Ziegelsteine mit in die Höhle hinein geschwemmt. Zum Teil handelt es sich aber auch um Lösungsrückstände aus dem Sedimentgestein.




Ein weiterer Zulauf eines Nebengerinnes bringt stark korrosives Wasser in die Höhle ein, das die Schichtabfolge im Gestein sehr schön heraus gewittert hat.



Dank:
Die Autoren möchten an dieser Stelle allen Höhlenforschern danken, die sich bislang an der Erforschung der Mathildenhöhle beteiligt haben. Stellvertretend seien hier Siegfried Wielert, Ute Fricke, Stefan Meyer, Lothar Midden, Horst Kiefert und Kai Böttcher genannt. Ferner gilt der Dank der Firma ÖBVI Reimer aus Goslar für die Überlassung der Meßgeräte, sowie dem Grundstückseigentümer für die freundliche Unterstützung bei den Forschungsarbeiten und für die Genehmigung des Forschungslagers an der Höhle.




Besprechung und Frühstück am Morgen nach der letzten Vermessung. Foto: Ingo Dorsten 1998

Literatur:

DORSTEN, I. (1998): Die Mathildenhöhle. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. 1998, Heft 3/4.

DORSTEN, I. & FRICKE, U. (2003): Die Mathildenhöhle bei Ammensen. - Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforsch., 49 (1), S. 12-15, München

DECHEND, W. & MERKT, J. (1970): Der Erdfall von Driehausen. – Veröff. naturwiss. Ver. Osnabrück, 33: 48 – 59, 6 Abb.; Osnabrück

EBERT, A. u. O. GRUPE (1927): Erläuterungen zu der Geologischen Karte, Blatt Lauenau Hrsg.: Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Lieferung 271, 34 S.

FRICKE, U. (1999): Fertigstellung der Außenvermessung an der Mathildenhöhle vom 9. Januar 1999. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. 1999, Heft 1.

HARK, U (1956): Bericht über die Wissjura-Kartierung auf dem MTB Freden und Einbeck. – Ber. Arch. Nieders. L.- Amt Bodenforschung, Hannover. – (Unveröff.)

HARMS,  F-J. (1984): Erläuterungen zur geologischen Karte von Niedersachsen 1 : 25000, Blatt Nr. 4025 Freden – Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung 1984.

HERRMANN, R. (1969): Die Schlüsselstellung des Malm-Schichtkammes der Hilsmulde in der Morphologie des nordwestlichen deutschen Berglandes. S. 41-51, 5 Abb. Geol. Rundschau, Bd. 58, Stuttgart.

KEMPE S. (1998): Gipskarst und Gipshöhlen in Deutschland. NNA-Berichte, 11. Jahrg., Heft 2, 1998, S. 25 – 35

VÖLKER, R. (2000): Eine karsthydrologische Besonderheit bei der Beobachtung einer echten Karstquelle (Betr. Mathildenhöhle am Hils). In: Gipskarst Südharz Heft 2000.
Weitere Forschungsberichte über die Mathildenhöhle
Weitere Forschungsarbeiten an der Mathildenhöhle

Autorenanschriften:

Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V.
Ingo Dorsten, Am Schleidt 9, 35745 Herborn (Email: ingo.dorsten et hokodata.de.
Uwe Fricke, Amtswiese 17, 38667 Bad Harzburg (Email: Frickespel et aol.com).

Beginn der Vermessungsarbeiten.
Bild links: Kurz nach dem Eintreffen im Vermessungscamp. Foto: Uwe Fricke 1998. Bild rechts: Am Einstiegserdfall. Von hier aus beginnt der Polygonzug für die Höhlenvermessung. Dieser Punkt ist auch gleichzeitig Anschlusspunkt für die Oberflächenvermessung. Foto: Ingo Dorsten 1998.

Abstieg in den Erdfall am Beginn der Vermessung. Ingo Dorsten befestigt den Messpunkt 02(Wildstrudelloch). Fotos: Uwe Fricke 1998

Die DoMiNo-Halle, benannt nach den Entdeckern der Höhle ( Lothar Midden und Ingo Dorsten) Foto: Stefan Meyer 1998

Kai Böttcher beim durchkriechen des Eingangsschlufes Die Aufnahme entstand aus dem Inneren der Höhle in Richtung Erdfalltrichter. Foto: Ingo Dorsten 1998

Der eingebrochene Erdfall auf der Wiese bildete den Zugang zur Mathildenhöhle. Fotos: Uwe Fricke 1998

Aufnahmen aus der Mathildenhöhle. Fotos: Ingo Dorsten und Marianne Schuhose 1998

Die Eierwäsche, eine selektive Engstelle. Foto: Stefan Meyer 1998

In der "Flachen Wasserstrecke". Foto: Stefan Meyer 1998

Die Höhle ist unter anderem ein Lebensraum des Feuersalamanders. Foto: Ingo Dorsten 1998

Die Ausflut des Baches aus der Mathildenhöhle bei normalem Wasserstand. Foto: Ingo Dorsten 1998

Die Quelle hinter der Mathildenhöhle. Hier tritt der durch die Höhle fließende Bach wieder zutage. Foto: Ingo Dorsten 1998

Ausfahrt aus der Mathildenhöhle. Foto: Uwe Fricke 1998

Ingo Dorsten nach der Vermessung. Hier sieht man sehr deutlich, mit welchen Problemen man während der Arbeit unter Tage zu kämpfen hatte. Linkes Foto: Stefan Meyer 1998, rechtes Foto: Uwe Fricke 1998

Die Situation während des Forschungslagers im April 1998. Foto: Ingo Dorsten 1998