Die Baumannshöhle in Rübeland

(am Ende der Seite finden sich weitere Berichte zur Baumannshöhle)


Der Höhlenort Rübeland

Rübeland, ein Tor zum Bodetal bezeichnet, liegt ca. 13 Kilometer südlich der sachsen - anhaltinischen Kreisstadt Wernigerode, mitten im Herzen des Harzes, in 380 bis 500 m über Meereshöhe. Die Ortschaft Rübeland, zu der die Ortsteile Neuwerk mit Kreuztal, Susenburg, Hahnenkopf und Kaltes Tal gehören, ist der Verwaltungsgemeinschaft Bodfeld, deren Verwaltungssitz in Elbingerode sich befindet, zugeordnet. Früher war Rübeland ein reiner Hüttenort, der sich mit der Entdeckung der Tropfsteinhöhlen zu einem beliebten Tourismusort entwickelte. Er wird von der Bode durchflossen, welche maßgeblich an der Entstehung der Rübeländer Höhlen beteiligt ist.


Rübeland liegt mitten in einem devonischen Kalksteingebiet. Während der Auffaltung des Harzes entstanden in diesem Kalkgestein Risse und Spalten, welche eine wesentliche Rolle bei der späteren Auflösung (Verkarstung) des Gesteins spielten. Das versickernde kohlendioxidreiche Oberflächenwasser schaffte erste kleinere Hohlräume. Das Wasser konnte so allmählich von der Hochfläche dem Bodefluß zugeführt werden. Durch das langsame Einschneiden der Bode und der Bildung tiefer Täler entstanden die einzelnen Höhlenstockwerke. Die zum Teil mit sandigen Sedimenten und Versturz angefüllten Spalten und Klüfte wurden durch das Wasser wieder freigeräumt und es kam zu weitgespannten Hohlräumen.

 Aber nicht nur die Höhlen prägen den Ort, landschaftlich nicht sehr einfühlsam, haben sich die großen Kalksteinbrüche in das Gelände gefressen. Riesige Halden bilden eine besondere Siluette.


Vorgeschichte

Die Baumannshöhle bei Rübeland hat ihre Entdeckung dem seit dem 10. Jh. In dieser Gegend umgehenden Bergbau auf Eisenerz zu verdanken. Gemäß einer zur heutigen Zeit und nach modernen Gesichtspunkten anzuzweifelnde Sage, wurde die Höhle von einem Bergmann Namens Baumann auf der Suche nach Erzvorkommen entdeckt. Angeblich verbrachte er drei Tage in der Höhle, weil sein Grubenlicht erloschen war. Nachdem er das rettende Tageslicht wieder erreicht hatte, berichtete er noch von seiner Entdeckung und der Schönheit der Höhle. Kurz darauf soll er an seinen Strapazen erlegen sein.


1565 erwähnte K. GESSNER in einer Schrift, daß J. REIFENSTEIN (Wernigerode) von schon seit Jahrzehnten stattfindenden Besuchen der Baumannshöhle berichtet.

Die Baumannshöhle ist somit die älteste Schauhöhle Deutschlands, mit einem geregelten Führungsbetrieb. Ihre frühe Geschichte ist eng verbunden mit der frühen Geschichte der Geologie und Höhlenkunde. Die frühen Besuche der Höhlen, dienten aber vornehmlich der Gewinnung von Tropfsteinen und dem Aufsammeln von Knochenmaterial aus der Höhle. Hauptsächlich handelte es sich bei den Knochen um Höhlenbärenknochen, welche dem Verkauf dienten. Zumeist wurden die Knochen "des gegrabenen Einhorns" zu einer angeblichen Heilsubstanz zusammengebraut.

Die Befahrung der Höhle war zu früheren Zeiten weitaus beschwerlicher und nicht so bequem und sicher, wie der heutige Besucher die Höhle erlebt. Der einzige Zugang zur Höhle befand sich oberhalb des linken Talhanges der Bode. Hier öffnet sich das imposante Felsdach des natürlichen Einganges. Die anschließende Höhle war vermutlich, zumindest in der Anfangszeit nur kriechend zu befahren. Erst im Bereich des Goethesaales, welcher früher Tanzsaal hieß, konnte man sich wieder aufrichten. Am Ende des Tanzsaales erwartete den damaligen Besucher das Roß, ein mehrere Meter tiefer Abstieg. Hier kehrten die meisten Besucher schon wieder um.

In der Höhle, insbesondere in der "Alten Höhle" gibt es viele Inschriften. Eine der ältesten erhaltenen Inschriften stammt aus dem Jahre 1616. Auch H. ECKSTORM beschreibt die Höhle als seit Generationen bekannt.

Im Jahre 1649 erteilen die Braunschweiger Herzöge August und August RUDOLPH Herrn V. WAGNER das Privileg, interessierte Besucher durch die Höhle zu führen und verpflichten Ihn, die Baumannshöhle entsprechend zu schützen (Hase, W. und Mucke, D 1990). Dieses Datum kann als Aufnahme des regulären Führungsbetriebes angesehen werden. Im Jahre 1688 wird die Höhle mit einer Tür verschlossen und so vor unbefugten Zutritt gesichert. Später geht das Führungsprivileg von Herrn RUDOLPH auf seinen Schwiegersohn H. J. BECKER über. Eine von C. Buno gestochene und von M. Merian 1654 gedruckte Innenansicht der Höhle ist vermutlich die älteste Darstellung aus dem Inneren einer Höhle weltweit. Die erste Grundrissdarstellung der Baumannshöhle wird 1656 durch den Studenten v. ALVENSLEBEN in dessen Reisetagebuch gezeichnet (Reinboth, 1982). 50 Jahre später, im Jahre 1702, erscheint ein weiterer Plan als Kupferstich in den ACTA ERUDITORUM, einem wissenschaftlichen Magazin. Dieser Plan, dessen Autor unbekannt ist, wurde von dem Helmstedter Gelehrten v. d. HARDT gefunden und veröffentlicht. Es ist der älteste brauchbare, deutsche Höhlenplan (Reinboth, 1982). 1690 erhält die Baumannshöhle Besuch von dem Gelehrten G. W. LEIBNITZ und 1709 von Konrad v. UFFENBACH. 1777, 1783 und 1784 besuchte Johann Wolfgang v. GOETHE als einer der prominentesten Befahrer die Höhle im Rahmen seiner Harzreisen.

1788 fertigte der Markscheider C. W. C. HAUSDÖRFER einen Generalriss von Rübeland und den dortigen Eisensteinsgruben. In diesem Generalriss wurde auch die Baumannshöhle als wurstartiges Gebilde dargestellt. REINBOTH schreibt: "... daß im gleichen Jahr der Schüler Hausdörffer's, der Markscheider L. C. ILSE, der im benachbarten Hüttenrode zu Hause war, eine Neuvermessung der Baumannshöhle vornahm“. ILSES Arbeiten sind leider verschollen und nur durch einen Hinweis des damals in Hüttenrode amtierenden Pfarrers STÜBNER in dessen "Denkwürdigkeiten des Fürstentums Blankenburg" und durch das beigefügte Observationsregister nachgewiesen. In einem späteren, ebenfalls von HAUSDÖRFER 1819 gezeichneten, Generalriss von Rübeland sind exakte Grundrisse der Höhlen eingetragen, die eine markscheiderische Aufnahme voraussetzen. Die Vermutung liegt nahe, hier die Ilseschen Pläne - wegen des großen Maßstabes von 1 : 1400 stark generalisiert - wiederzufinden, falls nicht HAUSDÖRFER eine eigene Vermessung vorgenommen hat." Im gleichen Jahr, 1788 erhält die Baumannshöhle durch die Erschließung der 1672 entdeckten Bielshöhle Konkurrenz.

Die Baumannshöhle litt in der folgenden Zeit arg unter dem Führungsbetrieb. Viele Tropfsteine wurden geraubt oder anderweitig, hauptsächlich durch Fackelruß, beschädigt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte dann eine verstärkte Erforschung der Höhle ein. Unter der Leitung und der Initiative des damaligen Oberforstmeister Robert NEHRING, assistiert durch F. HASE wurden neue Fortsetzungen ausgekundschaftet und erste Ansatzpunkte für wissenschaftliche Grabungen festgelegt. Aufgrund NEHRINGS Intervention gelang es dem Höhlenführer Christian STREITBERG in dieser Zeit, den Zugang zur Neuen Baumannshöhle freizulegen und die großartigen Passagen der Schildkrötenschlucht und der restlichen westlichen Höhle zu finden. Robert NEHRING lieferte anschließend den ersten wissenschaftlich exakten Höhlenplan der Baumannshöhle, auf dessen Grundlage 1890 der 6 m lange heutige Ausgangsstollen aufgefahren werden konnte. In den Jahren 1890 bis 1896 und 1898 fanden die ersten wissenschaftlichen archäologischen Ausgrabungen in der Höhle statt. Diese wurde durchgeführt von J. H. KLOOS, J. BLASIUS, GRABOWSKY und v. USLAR. Hierbei wurden hauptsächlich die Knochen des Höhlenbären und anderer eiszeitlicher Tierarten nachgewiesen. Es fanden sich aber auch altsteinzeitliche Feuersteinwerkzeuge und Knochengeräte. Von herausragender Bedeutung war dabei, daß es sich um die ersten altsteinzeitlichen Funde, also aus dem Eiszeitalter, handelte, die bis dahin aus mittel- und nordwestdeutschen Höhlen gemacht wurden und in der weiteren Umgebung des Harzes zu dieser Zeit einmalig dastanden (FLINDT, S. & LEIBER, C. 1998). Es folgten in den Jahren 1952 und 1953 Ausgrabungen durch das Landesmuseum für Vorgeschichte Halle, welche aber nicht die erhofften Ergebnisse brachten. 1965 und 1966 fanden wiederum archäologische Ausgrabungen durch das Landesmuseum Halle, unter der Leitung von Volker TÖPFER statt. Hierbei wurde überraschend eine jungsteinzeitliche Fundschicht entdeckt. Die moderne Archäologie geht mittlerweile davon aus, daß es sich hierbei wahrscheinlich um eine jungsteinzeitliche Handelsstation oder aber um die Beutereste eines erfolgreichen Kriegszuges oder Überfall auf eine Händlerkarawane gehandelt hat (FLINDT, S. & LEIBER, C. 1998).


In den Jahren 1928 bis 1929 führte Dr. Ing. STOLBERG teilweise Neuvermessungen auf der Grundlage des Nehringschen Planes durch, welcher bis vor wenigen Jahren nicht an Aktualität und Genauigkeit verloren hatte. Im Jahre 1966 fand dann wiederum eine umfangreiche vermessungstechnische Neuaufnahme von Teilen der Baumannshöhle, ausgehend auf Anregung der Rübeländer Höhlenforschergruppe, statt. Der ortsansässige Markscheider WAND führte eine exakte markscheiderische Aufnahme des Führungsweges durch die Baumannshöhle und Hermannshöhle durch. Für die spätere Plandarstellung verwendete aber auch WAND wieder die Umrisse der Nehringschen und Stolbergschen Plandarstellungen. Aufgrund der politischen Verhältnisse in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik gelangten die Unterlagen niemals an die breite Öffentlichkeit. Dank der Initiative des damaligen Direktors der Rübeländer Tropfsteinhöhlen, Herrn WOLFGANG HASE, der gleichzeitig Vorsitzender der Rübeländer Höhlengruppe war, sind diese wertvollen Unterlagen noch heute erhalten. Nach dem Wegfall der Mauer und der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Baumannshöhle durch die Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. als Nachfolgeorganisation der 1928 von Dr. Ing. Friedrich Stolberg gegründeten Gesellschaft für Höhlenforschung im Harzgebiet komplett neu vermessen. Hierbei kamen hochmoderne optoelektronische Meßgeräte zum Einsatz, welche erst eine Zentimetergenaue Vermessung ermöglichten. Die Neuvermessung wurde erst 1998 endgültig abgeschlossen.

Während der Vermessungsarbeiten konnten einige kleinere Fortsetzungen gefunden werden. So z.B. das Verbruchlabyrinth und eine Fortsetzung im Goethesaal.

Hier Im nordwestlichen Bereich des Goethesaals, dort wo ein großer Verbruch steil, ca. 40 m gegen Nordwesten aufsteigend, zum höchsten Punkt (laut Stolbergs  Plan von 1929) der Baumannshöhle führt, konnte im Sommer 1992 ein kleines, bisher unbekanntes Gangsystem mit einer Länge von 40 bis 50 m entdeckt werden. Am Ende des steil aufwärts führenden Ganges vom Goethesaal zum höchsten Punkt der Höhle drückt ein großer Verbruch in den Hohlraum herein. Viele Inschriften an den Wänden (1841 bis 1909) zeugen von früheren Besuchern dieses Höhlenteils. Am Verbruch wäre eine Grabung sehr interessant und könnte eventuell in weitere Höhlenräume führen. Eine weitere bislang unbekannte Fortsetzung wurde am 20. und 21. Dezember 1992 erkundet. Mit Hilfe einer Akkubohrmaschine und einem Steigbaum konnten sich die Höhlenforscher Andreas Hartwig, Michael Conrad, Holger Thies und der Autor bis zum derzeitig höchsten Punkt der Baumannshöhle in einem 30 m hohen Kamin emporarbeiten. Oberhalb des Kamins setzt ein kleines Gangsystem an, das vermutlich früher einmal zu Tage ausstrich.

Der Gang zum Fotostand bzw. zur Schildkrötenschlucht dürfte der bei Nehring beschriebene Entdeckungsgang in die Neue Baumannshöhle sein. Nehring beschreibt in seinen Aufzeichnungen sehr genau einen einsturzgefährdeten Gang, der von der "Alten Höhle" zur neuen Baumannshöhle führt. Dieser Gang wurde auf Anregung Nehrings von seinem Forschungsgefährten, dem Rübeländer Höhlenführer Christian Streitberg, am 1. Juli 1888 freigeräumt und erstmals befahren. Hierbei wurden die neuen Räume der Baumannshöhle entdeckt. Schon am 5. August 1888 kam Nehring nach Rübeland, um sich die neuen Räume, von denen man sich wundersame Dinge erzählte, anzuschauen.

Im Jahre 1987 wurde noch zwei größere Fortsetzungen in der Baumannshöhle durch die Rübeländer Höhlenforschergruppe entdeckt.. Es handelte sich einmal um einen flachen Verbindungsgang mit mehreren Räumen, der von der Alten Höhle bis zum Fotostand führte, und zum anderen um das über 100 m lange System der Teufelsgrotte, nordwestlich vom Grossen Knochenfeld gelegen.


Autorenanschrift:
Uwe Fricke
Amtswiese 17
38667 Bad Harzburg

E-mail: frickespel@aol.com


Weitere Infos über die Baumannhöhle :


- Ein Rundgang durch die Baumannshöhle


- Alte Abbildungen aus der Baumannshöhle


- Die Neuvermessung der Baumannshöhle in Rübeland

Blick nach Osten, vom Pavillion aus, auf den Höhlenort Rübeland.

 

 

Blick in Richtung Westen, entlang der Kalksteinhalden.

 

 

Blick in Richtung Elbingerode auf die großen Kalksteinbrüche im Hintergrung.

 

 

Blick auf den Ort Rübeland vom Pavillion aus. Gut zu erkennen ist das Eingangsgebäude der Baumannshöhle.

 

Räumliche Darstellung der Baumannshöhle.
Grafik: Holger Koch

 

 

Alter Teil der Baumannshöhle nach der Neuvermessung.
Zeichnungen: Uwe Fricke

 

 

Neuer Teil der Baumannshöhle.
Zeichnung Uwe Fricke