Die Höhlen des Messingsberges bei Bückeburg


unter Berücksichtigung eines rezenten Bergzerreißens

von Stefan Meyer und Ingo Dorsten


1.0 Einleitung
2.0 Geologischer Überblick
3.0 Die Höhlen
3.1 Fledermaushöhle Kat.Nr.3720/01
3.2 Kammweghöhle u. Höhle der lebensmüden Ehemänner u Verlobten Kat.Nr.3720/02  u. 07
3.3 Messingsberger Tiefenhöhle Kat.Nr.3720/03
3.4 Keulen- und das Laubloch Kat.Nr.3720/04 und 05
3.5 A2E30-Stb. Abri Kat.Nr.3720/06
3.6 Stalagmitenröhre Kat.Nr.3720/10
3.7 EXPO-Spalten Kat.Nr.3720/11
4.0 Literatur und Quellen

1.0 Einleitung
Im Frühjahr 1996 wurden Mitglieder des Speläologen Bundes Hildesheim und der Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V. auf die Klüfte im Messingsberg (östliches Wesergebirge/ Niedersachsen) bei Bückeburg aufmerksam. In der Zeit von Januar bis Dezember 1996 wurden hier acht neue Objekte entdeckt und ins Kataster der niedersächsischen Höhlen aufgenommen. Somit sind heute (Stand Jan.1997) neun Höhlen hier bekannt:

Fledermaushöhle  Kat.Nr.3720/01  (204,2m ü.NN)
Kammweghöhle   Kat.Nr.3720/02  * (260 m ü.NN)
Messingsberger Tiefenhöhle  Kat.Nr.3720/03  (252,7m ü.NN)
Keulenloch    Kat.Nr.3720/04 * (150 m ü.NN)
Laubloch    Kat.Nr.3720/05 * (150 m ü.NN)
A2E30-Stb. Abri   Kat.Nr.3720/06 * (166 m ü.NN)
Höhle der lebensmüden Ehemanner und Verlobten  Kat.Nr.3720/07 * (260 m ü.NN)
Stalagmitenröhre  Kat.Nr.3720/10 *
EXPO-Spalten   Kat.Nr.3720/11 * (205 m ü.NN)
(Siehe auch Vermessungspläne)
* Keine Theodolit-Einmessung!

Während es sich bei der Fledermaushöhle, Messingsberger Tiefenhöhle, dem Keulenloch und dem Laubloch um Klufthöhlen handelt, sind die Kammweghöhle und die Höhle der lebensmüden Ehemänner und Verlobten (HlEV) sogenannte Erdfallhöhlen. Auf dem Messingsberg fanden sich mehrere große Erdfälle. Sie zeigten deutlich an, das im Untergrund große natürliche oder künstliche? Hohlräume vorhanden sein müssen. Im schneereichen Januar/Februar konnten weitere oberflächlich noch nicht eingestürzte Klüfte durch abgetauten Schnee entdeckt werden.
In einem im Messingsberg befindlichem Steinbruch wurde eine kleine tropfsteinreiche Röhre (Stalagmitenröhre) entdeckt. Dabei handelt es sich um die bisher einzige typische Kluftfugenhöhle in diesem Bereich.
Eine weitere Höhlenform befindet sich im östlichen Bereich des Messingsberges, das A2E30-Stb Abri. Hier handelt es sich vermutlich um eine eingefallene Kluft.

2.0 Geologischer Überblick
Der Messingsberg südöstlich von Bückeburg besteht wie auch der Süntel und ein Großteil des östlichen Wesergebirges aus Korallenoolithen des Juras (Unterer Malm). In mehreren großen Steinbrüchen werden hier qualitativ hochwertige Kalksteine abgebaut. Auch im Messingsberg befindet sich ein über 30 ha großer Bruch mit schon ökologisch hochwertigen Renaturierungsflächen wie Magerrasen und Feuchtbiotopen (WÄRMER 1996).
Der Steinbruch bietet einmalige Einblicke in die Schichten des Korallenoolithes. Dieser zeigt durch eingelagerte, gering mächtige Mergel- und Tonschichten ein deutlich gebacktes Gefüge. Die Schichten fallen mit durchschnittlich 16° Grad nach Norden ein und sind damit geringfügig steiler als die durchschnittliche Hangneigung mit etwa 10° bis 12° Grad (MÖNNIG 1985). Die Gesamtmächtigkeit des Korallenoolithes beträgt 60 Meter. Wovon im Steinbruch 50 Meter aufgeschlossen sind, sowie maximal 25 Meter der unterlagernden Heersumer Schichten (MÖNNING 1985).
 

Tabelle 1:

 Gesamtmächtigkeit
 davon im Stb. max. aufgeschlossen
 Korallenoolith                  60 m
                 55 m
 Heersumer Schichten    25 m
                 25 m
 Ornatenton (Dogger)    110m
                   7 m

Besonders bedeutend für die Klufthöhlenbildung sind die im Liegenden der Heersumer Schichten folgenden Ornatentone des Doggers. Sie stellen problematische Rutschungshorizonte dar und neigen an natürlichen Schichtstufenrändern (z.B. Hohenstein/Süntel) und künstlichen Steilwänden (z.B. Stb. Möller/Wesergebirge) zu Bergstürzen (KAISER 1978). Durch solche "fossilen" und "rezenten" Rutschungen sind, gebunden an die Klüftung, die Höhlen entstanden.
Angesichts der ausgeprägten natürlichen Klüftung muß nach Ansicht der Verfasser die tektonische Beanspruchung besonders hoch sein. Immerhin sind im Messingsberg über 200m oberirdisch sichtbare Klüfte vermessen worden. Sie reichen mit einer derzeit bekannten maximalen Tiefe von 34,6m weit in den Florigemmakalk und teilweise in den Hauptoolith hinein (siehe geologisches Profil).
Gegen eine starke tektonische Beanspruchung sprechen aber die relativ seltenen Störungen und Verwerfungen mit nur geringer Verwurfshöhe im Steinbruch. Auffällige Einmuldungen und Aufsattelungen der Schichten sind nicht bekannt.

3.0 Objektbeschreibungen

3.1 Die Fledermaushöhle
Diese sinterreiche Klufthöhle wurde 1908-1910 von Bückeburger Pionieren bei der Anlage einer Geschützstellung geöffnet und auf den Namen Fledermaushöhle getauft. Nach mündlicher Überlieferung durch K. Franke und B. Schillat, reizte das Loch in der Wand eines Tages einen Sanitätssoldaten zu einer Allein-Befahrung ohne ausreichendes Geleucht. Nach Passieren des schräg abfallenden Höhleneinganges fiel er dann prompt in die Kluft und brach sich dabei ein Bein. Nach drei Tagen hörte eine Beeren sammelnde Frau die nun wohl schon schwachen Hilferufe des Opfers und benachrichtigte daraufhin die Rintelner Feuerwehr. Bei der schwierigen Bergung brach sich einer der Helfer noch den Arm.

Erst 1949 wurde die Fledermaushöhle gemeinsam von Höhlenforschern aus Steinbergen und Friedrichshöhe befahren. Nach weiteren gemeinsamen Unternehmungen schlossen sich beide Gruppen zur Höhlengruppe Nord (HGN) zusammen.

Am 28.11.1981 wurde die Fledermaushöhle durch S. Wielert (damals HGN, heute ArGeKH) vermessen. Mit einer Gesamtlänge von 49,86 Metern und einer Tiefe von 29,7 Metern war sie bis 1996 die einzige Höhle im Katasterblatt 3720 Bückeburg.

Die Höhle wird vom Großen Mausohr (Myotis myotis) als Winterquartier genutzt (MARCEK 1996). Im Sommer 1996 wurde der Eingangsspalt aus Sicherungsgründen mit einem tonnenschweren Bruchstein verschlossen. In den Sommermonaten sind aber weiterhin Befahrungen mit Einseiltechnik möglich.


Plan der Fledermaushöhle (gezeichnet: Stefan Meyer).

3.2 Die Kammweghöhle und die Höhle der lebensmüden Ehemänner und Verlobten.

Auf dem Plateau (ca.250m ü.NN) des Messingsberges befinden sich drei größere Erdfälle mit einem Nordwest - Südost - Verlauf. Der erste Erdfall im Nordwesten ist oval bis länglich und über 2m tief. Der zweite Erdfall ist mit sechs Metern Länge, einer durchschnittlichen Breite von zwei Metern und einer Tiefe von drei Metern etwas größer. In ihm liegt die im März 1996 entdeckte Höhle der lebensmüden Ehemänner und Verlobten. Aus einem Wurzelvorhang am östlichen Rand des Erdfalles konnte ein warmer Luftzug verzeichnet werden, der bei den winterlichen Temperaturen zu Rauhreif an den Bäumen führte. Nach fünf Metern auf rotem Lehm und Wurzeln robbend, gelangte man an einen sehr brüchigen Schachtrand. Bis hier beträgt die maximale Gesteinsüberdeckung nur einen halben Meter. Nur zwei Mitglieder des Speläologen Bundes Hildesheim (ein Ehemann und ein Verlobter --> Namengebung) stiegen knapp fünf Meter über immer nachrutschendes Gestein ab. Bei 4,5 Metern verengte sich der Schacht auf 0,5 Meter führte aber noch beachtlich tiefer. Aus sicherungstechnischen Gründen wurde nicht weiter abgeseilt.

Im letzten und gleichzeitig kleinsten Erdfall (4,0 x 2,2m) befindet sich die nur 3,90m lange Kammweghöhle. Der Erdfall in der diese Höhle liegt, bildet den südöstlichsten Punkt der Erdfallkette und ist mit Brombeergebüsch (Rubus fruticosus) zugewachsen. Er ist nach Aussagen eines Forstangestellten vor ca. 4-5 Jahren entstanden. Alle anderen Erdfälle sind erst danach aufgetreten!
Die Kammweghöhle besteht nur aus Verbruch und ist durch nachbrechendes Gestein (Jura jw2) mühselig auf dem Bauch zu befahren. Sie wurde nach dem hier 260m ü.NN liegenden Kammweg benannt (Vorschlag von I. Dorsten). Ihr ca. 3,6m³ großer Hohlraum (Berechnet: 4,0m² Grundfläche x 0,9m durchschnittlicher Höhe) liegt mit einer maximalen Überdeckung von 2,5m direkt unter dem Weg. Der Weg (Trampelpfad) ist, wie auch die natürlichen Felswände nicht oder nur teilweise auf der topographischen Karte eingezeichnet.

Die Kette der Erdfälle (gesichert durch verzinkten Maschendraht) entstand vermutlich durch eine besonders breite Kluft (evtl. auch durch größere Höhlenräume) die auf die natürliche, nach Süden zeigende Felswand (266,2m ü.NN) des Messingsberges zuläuft. Hier kreuzen mehrere Klüfte von oft gefährlicher Tiefe. Beide Erdfallhohlräume gehören vermutlich zu einem Kluftsystem der 100m östlich befindlichen Messingsberger Tiefenhöhle. Die bei den Höhlen und Klüften festgestellten starken Wetter deuten, wie bereits erwähnt auf große Hohlräume. Ob diese natürlichen Ursprunges sind, oder aber mit Stollenanlagen aus dem Dritten Reich (Projekt "Laterit") in Verbindung stehen, bleibt vorerst unbekannt (KRASSMANN 1996).

Im Mai 1996 wurde der Kammweg verbreitert und damit die Höhlen und Erdfälle zugeschüttet. Erste Senkungen konnten schon mehrere Wochen danach im Bereich der Höhlen auf dem Forstweg festgestellt werden und mußten im Laufe des Jahres weiter aufgefüllt werden.


Plan der Kammweghöhle (gezeichnet: Stefan Meyer)

3.3 Die Messingsberger Tiefenhöhle

Am bedeutensten und interessantesten von allen Höhlen hier ist die Messingsberger Tiefenhöhle (Namengebung durch die Entdecker I. Dorsten und S. Meyer in Bezug auf die Laichinger Tiefenhöhle auf der Schwäbischen Alb) auf dem Plateau des Messingsberges direkt an einer Steinbruchwand. Sie ist die tiefste Höhle des Wesergebirges.

Auszug aus dem ersten Befahrungsbericht: ...Nachdem im Wurzelgeflecht eine Einstiegsmöglichkeit geschaffen wurde, seilten sich I. Dorsten und S. Meyer ab. Nicht immer behielt die Kluft ihre Eingangsbreite von 1m bei, stellenweise sank sie auf unter 0,5m. Die Wände der Kluft besitzen überraschend viel Sinter und an einigen überhängenden Stellen wachsen Stalaktiten, "Makkaronis" und Excentriques. Bei minus 26m standen wir auf verkeilten Steinblöcken, die eine Art Etage bildeten. Im Geröll fanden sich immer wieder Bruchstücke von Wandsinter. Von hier unten aus, war eine Verständigung mit L. Midden der als Schachtwache oben geblieben war, nicht mehr möglich. Über diese Etage kletterten wir ohne Seilsicherung weiter bis auf ca. minus 35m. Dabei konnte man unter die verkeilten Steinblöcke gelangen und in Richtung des Steinbruches schlufen. Interessanter erschien uns erst einmal die andere Richtung, welche auch deutlich geräumiger ist. Sie zieht sich, wie schon an der Oberfläche vermutet, von der Steinbruchwand weg in Richtung der natürlichen, nach Süden zeigenden Felswand des Messingsberges.

Die umfangreichen Vermessungen ergaben eine befahrbare Tiefe von 34,8m, eine oberirdisch sichtbare Hauptkluftlänge von 90m und eine derzeit bekannte Gesamtkluftlänge von 132,85m. Davon sind unterirdisch 55,4m befahrbar. Die Ausdehnung der Messingsberger Tiefenhöhle ist fast vollständig durch Senkungen an der Oberfläche nachvollziehbar. Die Kluft ist stellenweise über 1m breit und nur von Ästen, Laub und Wurzelgeflecht überdeckt. Von der Steinbruchwand, in der die Kluft sichtbar ist, zieht sie in einem spitzen Winkel mit 125° in den Berg. Nach 29,45m knickt sie ab und zieht mit 145° auf die natürliche, nach Süden fallende Felskuppe des Messingsberges zu. Hier verteilt sich die Kluft in viele handbreite Spalten. Auch dieser Bereich wurde im Zuge des Ausbaues des Kammweges stark verändert.

Biospeläologie: Der Waldboden über den Klüften der Messingsberger Tiefenhöhle ist im Frühjahr dicht bewachsen mit Bärlauch (Allium ursinum). Es handelt sich um einen teilweise natürlichen ortstypischen Bärlauchbuchenwald (Melico-Fagetum elymetosum).

Durch die vermehrten Tagöffnungen sind eine Reihe von Tieren am Kluftgrund (-26m) zu finden. Neben mehreren tot aufgefundenen Waldmäusen (Apodemus sylvaticus) konnten vor allem mehrere Gliedertiere beobachtet werden. Davon konnten folgende Arten bestimmt werden: aus der Familie der Tausendfüßler (Myriapoden) der "Goldstreifen-Schnurfüßler" (Schizophyllum sabulosum), weiter die Schließmundschnecke (Clausilia dubia) und der Schluchtwald-Laufkäfer (Carabus irregularis). Ein Saftkugler und ein schwarzer Schnurfüßler wurden zur Bestimmung an Dr. R. Eckert (Berlin) geschickt. Deren exakte Bestimmung steht noch aus.

Die natürliche Entstehung der Messingsberger Tiefenhöhle ist an den Wandsintern und den Stalaktiten zu belegen. Bedeckt wird die gesamte Kluft nur von Erde, Steinen und Wurzelgeflecht. Über weitere Forschungsergebnisse und eventuelle, rezente Kluftbewegungen soll in einem zweiten, speziellen Artikel (Teil II) eingegangen werden.

Pläne und Zeichnungen von der Messingsberger Tiefenhöhle von Stefan Meyer 1996. Zum Vergrößern auf die Abbildung klicken.

3.4 Das Keulen- und das Laubloch

Diese beiden Kleinhöhlen liegen gemeinsam im Abstand von ca. 8m auf einer alten renaturierten Abbausohle eines Steinbruches. Dieser Teil des Steinbruches, dessen aktiver Teil gut von der Autobahn 2 (E30) ein zu sehen ist, befindet sich in der Sukzessionsstufe 5-6 (Busch-Wald). Nicht weit entfernt liegt das Deutsche Archiv für Sinterchronologie (DASC), welches gleichzeitig das Vereinsheim der Höhlengruppe Nord e.V. (HGN) darstellt.

Im Gegensatz zu den Klufthöhlen auf dem Messingsberg, liegen diese zwei Höhlen im Unteren Korallenoolith, vermutlich im oberen Bereich der Klippenregion (genaue Untersuchungen zur Stratigraphie stehen noch aus).

Das Keulenloch erhielt seinen Namen von L. Midden durch die im "Keulengang" befindlichen Eisstalagmiten. L. Midden war es auch, der die Eingänge der beiden Höhlen am 13. Januar 1996 entdeckte. Über einen unscheinbaren, nur 0,5m hohen Eingangsschluf am Füße der ehemaligen Abbauwand (Höhe ca. 4m) gelangt man in eine versetzt rechteckige Kluft mit 1,9m Höhe ("Keulengang"). Nach sieben Metern muß drei Meter abgestiegen werden. Hier verengt sich die Kluft teilweise unter 0,4m ("Hohe Kluft"). Nach weiteren drei Metern Abstieg gelangt man unter den "Keulengang" in den sogenannten "Unteren Teil", an dessen Ende sich in der Wand Fossilien (Muscheln, Seeigelstacheln) befinden. Die Kluft verengt sich, bzw. verklemmtes Geröll lassen ein weiteres Vordringen in der "Hohen Kluft" aber auch im "Unteren Teil" nicht zu.

Mit seinen 3,75m Gesamtganglänge ist das Laubloch eigentlich nicht katasterwürdig. Aber wie auch bei der Kammweghöhle ist auch hier das Umfeld interessant. Über Geröll und viel Laub kriecht man ca. einen Meter hinein, um dann im Laub in einen sehr engen Schluf zu schauen, der in die entgegengesetzte Richtung führt. Vermutlich steht dieser mit einer Senke ca. 2,0m vor dem Eingang in Verbindung. Auch eine nicht befahrbare Verbindung zum ca. 8m entfernt liegenden Keulenloch ist wahrscheinlich. Die örtlichen Gegebenheiten sind aus dem Kroki im Maßstab 1:50 zu entnehmen. Eine Grabung würde eventuell mehr Erkenntnisse bringen.

Über diesen beiden Höhlen liegt noch eine weitere, alte Abbausohle. Die Abbauwand hier ist bedeutend höher. Auch in ihr sind deutlich Klüfte zu erkennen, die aber unbefahrbar sind.

Bei den regelmäßigen Befahrungen 1996 konnten interessante Beobachtungen bei der Wetterführung gemacht werden. Durch die geringe Größe der beiden Höhlen läßt sich eine statische Wetterführung vermuten. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Im Winter konnten einziehende Wetter und im Sommer sehr kalte, ausziehende Wetter festgestellt werden. Die im Sommer ausziehenden Wetter waren so kalt, daß die Vegetation, vornehmlich bestehend aus Großer Brennessel (Urtica dioica) und Kanadischer Goldrute (Solidago canadensis) im Bereich von zwei Metern vor dem Eingang nicht vorhanden war.

Bei den Klufthöhlen auf dem Messingsberg ist es genau umgedreht. Warme, ausziehende Wetter im Winter lassen selbst in 2-3m Höhe noch Rauhreif an den Gehölzen entstehen. Im Sommer konnten keine ausziehenden Wetter beobachtet werden.

Diese dynamische Wetterführung deutet auf eine, derzeit nicht befahrbare Verbindung der Klufthöhlen untereinander hin!


Plan vom Keulen- und vom Laubloch (gezeichnet: Stefan Meyer).

3.5 Das A2/E30-Stb.-Abri

Dieses interessante Abri befindet sich in einen sehr alten, kleinen Steinbruch (Stb.-A-) am östlichen Messingsberg. Aufgrund seiner kleinen Fläche befindet er sich im Sukzessionsstadium 6 (Wald).

In der südlichsten Spitze des Bruches, liegt an der westlichen, knapp 8m hohen Bruchwand ein extrem fremdartig erscheinendes "Abri". Es entstand vermutlich aus zusammengebrochenen Klüften und kleineren Hohlräumen. Das Eingangsportal ist über 4,0m hoch und der Boden besteht aus feinem Geröll und Lehm. Aus der Decke des kuppelartigen Raumes hängen Baumwurzeln und in einer Nische befindet sich ein kugelartiges Vogelnest.

Der größte Teil der Abri-Decke besteht aus einem locker versinterten Mergel-Bruchgestein (Sinterkonglomerat), in dem stellenweise Flintknollen zu finden sind. Eine Sinterplatte aus einer benachbarten Kluft und ein Stück des Sinterkonglomerates aus dem Abri wurden für das Deutsche Archiv für Sinterchronologie (DASC) geborgen.

50 Meter westlich liegt ein weiterer, alter Steinbruch (Stb.-B-). Dieser ist nach der Stillegung (vermutlich schon vor dem II. Weltkrieg) durch eine monotone Rot-Fichtenschonung (Picea abies) vollständig zugewachsen; kein Sukzessionsstadium! Es ist nur noch die südwestliche, ca. 2,5m hohe Abbauwand vorhanden. Genau am Fuß dieser Abbauwand (180m ü.NN) zieht sich auf der gesamten Wandlänge eine teilweise auf ca.3m Teufe befahrbare Kluft entlang. Im Januar 1996 waren auch hier ausziehende Wetter mit Rauhreifbildung an den Bäumen und Felsen fest zu stellen.


Plan vom A2E30-Stbr. Abri (gezeichnet: Stefan Meyer).

3.6 Die EXPO-Spalten
Im Dezember 1996 wurden durch den Steinbruchbetrieb weitere, bisher unbekannte Spalten aufgeschlossen. Diese befinden sich ca. 80m östlich der Fledermaushöhle und bilden vermutlich deren Kluftfortsetzung. Es handelt sich um zwei Spalten, wovon eine aus Sicherheitsgründen sofort wieder zugeschüttet wurde. Die zweite, ca. 10m nördlich liegende Spalte ist mit einer Breite von 10-50cm einsehbar und befahrbar. Die Tiefe wurde mit um die 30m geschätzt. Eine Befahrung und Vermessung stehen noch aus.

Der Name der Spalten beruht darauf, daß die EXPO 2000 hier ein interessantes Kunstbauwerk ("Steinzeichen") finanzieren sollte und nach etlichen Diskussionen absagte (örtliche Tagespresse).


Lage- und Höhlenplan der Expo-Spalten (gezeichnet: Stefan Meyer).

4.0 Literatur und Quellenverzeichnis
 
AUGUSTIN, M. (1923)
Das Weserbergland von Hannover, Hildesheim bis Minden, Hameln, Pyrmont
Herausg. Wesergebirgsverein, Kassel

DORSTEN, I. & MEYER, S. (1996)
Der Messingsberg bei Steinbergen und seine Klufthöhlen -Befahrungsberichte-
unveröffentl. Druck

CASPARI, B. (1992)
Geologie des Weserberglandes unter Berücksichtigung unserer Steinbrüche
SSS Info, SSS Schaumburger Steinbrüche GmbH & Co.KG, Rinteln
FABISCH, R  (Hrsg. 1996)
Höhlen im Süntel und Wesergebirge
Beiheft zum Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 1996

FRIEDRICH, E. A. (1987)
Niedersachsen -Schatzkammer der Natur-
Landbuch-Verlag Hannover

KAISER, C. (1978)
Geologische Kartierung im Gebiet des Hohensteins (Süntel), unter besonderer Berücksichtigung der Oberjura-Stratigraphie
Diplomarbeit vorgelegt beim Fachbereich Geowissenschaften an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster/Westfalen.

KAISER, C. (1979)
Einführung in die Geologie des Naturschutzgebietes Hohenstein
Hrsg.: Niedersächsische Landesforstverwaltung, Staatl. Forstamt Oldendorf, Hessisch Oldendorf.

MARCEK, R. (1996)
8. Aktiver Fledermausschutz in Höhlen im Süntel und Wesergebirge
Beiheft zum Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 1996

MÖNNIG, E. (1985)
Feinstratigraphische Profilaufnahme der Heersumer Schichten und des Korallenoolith im Steinbruch östlich der Ahrensburg (Wesergebirge) mit einer Kartierung im Raum Steinbergen.
Unveröffentlichte Diplomarbeit, Geologisches Institut TU Clausthal.

ROTHE, S. (1993)
Ein neues Riesenloch im Weserbergland
Hildesheimer Allgemeine Zeitung vom 03.09.1993

Rintelner Anzeiger, 13.11.1996
Die Steine sind zu Fall gebracht - Schaumburg und die EXPO - ein Traum geht baden: Mit dem Aus für das "Steinzeichen" auch das Aus Schaumburgs besiegelt?

RUNGE, F. (1994)
Die Pflanzengesellschaften Mitteleuropas
Aschendorff Verlag, Münster

Schaumburger Wochenblatt, 01.05.1996
"Steinzeichen" soll zur EXPO werben -G.Schröder gab die Anregung für das Kunstwerk-

Schaumburger Zeitung, 22.08.1996
Blitz und Donner für Schröder -Ministerpräsident zum Steinzeichen: "Vernünftiges Projekt"

Schaumburger Zeitung, 17.08.1996
Wiederstand gegen "Steinzeichen" -Frederik Eix: "Kein kommerzielles Machwerk über den Köpfen der Toten!"

Speläologen Bund Hildesheim (SBH)
Höhlenkataster (eigene Arbeiten)
1988-1995

SCHILLAT, B. (1959)
In den Höhlen des Weserberglandes
Der Aufschluß, 16/6, Heidelberg

SCHILLAT, B. (1996)
Bericht über die Befahrung des Eingangsbereiches der Fledermaushöhle im Messingsberg
unveröffentl. Druck der Höhlenforschergruppe Nord (HGN) e.V.

SCHILLAT, B. (1996)
2. Höhlengruppe Nord e.V. und "ihre" Höhlen, in Höhlen im Süntel und Wesergebirge
Beiheft zum Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 1996

TRIMMEL, H. (1968)
Höhlenkunde
F. Vieweg & Sohn, Braunschweig

WÄRMER, J. (1993)
Volkswirtschaftliche Bedeutung des Gesteinsabbaues im Wesergebirge
SSS Informationsschrift der Schaumburger Steinbrüche GmbH & Co.KG

WÄRMER, J. (1996)
9. Steinbruchbetrieb und Naturschutz, in Höhlen im Süntel und Wesergebirge
Beiheft zum Bericht der Naturhistorischen Gesellschaft Hannover 1996

Schriftliche und Mündliche Berichte/Briefe an den Autor 1996
B. SCHILLAT, S. v. BOGUSLAWSKI, B. FRANKE ?, T. KRASSMANN
Anmerkung von Fritz Reinboth vom 10.01.2005

Falsch angelegter Steinbruch führte schon vor 20 Jahren zu Bergsturz

Falsch angelegter Steinbruch führte schon vor 20 Jahren zu Bergsturz

Der Bergsturz am Messingberg hatte bereits einen Vorläufer, der wahrscheinlich ebenfalls durch einen unsachgemäß angelegten Steinbruch verursacht wurde.

Am Lüningsberg nördlich Aerzen, oberhalb des bekannten Weserrenaissance-Schlosses Schwöbber, rutschte im Winter 1981/82 eine etwa 150 m breite und etwa ebenso lange Scholle von oberem Keuper auf einer durch einen feuchten Herbst zur Schmierfläche gewordenen Gesteinsschicht zu Tale. Dort fehlte durch einen schon seit längerer Zeit stillgelegten Steinbruch das natürliche Widerlager. Am oberen Rande bildete sich eine mehrere Meter breite, tiefe Randkluft; der seitliche Abriss im Osten war etwa einen halben Meter breit. Im Westen klafften nur kleinere Zerrungsrisse. Die abgerutsche Gesteinsscholle hatte sich also etwas seitlich verdreht. Im Bereich des Steinbruchs hatten sich die Gesteinsmassen zu einem wilden Getrümmer mit dazwischen kreuz und quer verkeilten Fichten übereinander geschoben, während der Wald auf der Oberfläche der abgerutschen Scholle aufrecht stehen geblieben war. Ein quer über den Bergrutsch führender Forstweg war an der Ostseite um etwa 5 Meter seitlich versetzt; bei einem Höhenunterschied von etwa 2 Metern (s. Bild). 500 Meter östlich unterhalb des Gasthauses Waldquelle erkennt man noch die Spuren eines ähnlich angelegten älteren Bergrutsches. Die offenbar beiden Bergstürzen gemeinsame Gleitfläche ist unten durch einen Quellhorizont gekennzeichnet.



Lüningsberg bei Aerzen, Blick von Osten auf die abgerutschte Scholle mit der nach unten verschobenen Fortsetzung des Forstweges (21.2.1982) Im Vordergrund H. Kamphenkel †

Diesen Bergrutsch besuchte übrigens der bekannte slowenische Höhlenforscher France Habe am 17. April 1982 anlässlich eines Besuchs der Langenfelder Höhle mit der ArGe für Karstkunde in Niedersachsen (eine Besichtigung der Rieseberghöhle wurde ihm seinerzeit leider nicht ermöglicht!)

Fritz Reinboth

 
P.S. es folgt noch ein Bild, sowie es verfügbar ist. (U.F.)
Bilderserien über den Messingsberg
Bilderserie vom Messingsberg



Der Steinbruch Messingsberg im Nebel. Stimmungsbild von Ingo Dorsten im Dezember 2004

Siehe auch hierzu das Pressearchiv:
Kreistag gibt die Kameshügel zum Abbau frei 06.07.2005
Stadt fordert Abbaustopp am Mesingsberg 02.07.2005
Stadt fordert Abbaustopp- Betrieb plant Abtrag 08.06.2005
Mit "s" oder ohne?...07.06.2005
WGS fordert Rats-resolution zum Abbau-Stopp 22.04.2005
Auch eine "Aktraktion": Der abgerutschte Messingsberg 29.03.2005
Gutachter: "Beseitigung des Restgebirges" 26.03.2005
"Das zeigt uns, wo die Grenzen liegen" (18.03.2005)
Felsrutsch - hat Geschäftsführung Behörden bewusst nicht informiert? (16.03.2005)
Wir verlieren unser Kletterparadies (10.02.2005)
Mit dem Raubbau muss endlich Schluss sein! (29.01.2005)
Vorläufiges Abbau-Verbot am Papenbrink gefordert (28.01.2005)
Wülpker Egge: "Problem ist geradezu harmlos" (25.01.2005)
Hält das Land an Rohstoffplanung fest? (21.01.2005)
Möglichst viel vom Profil des Berges erhalten (19.01.2005)
NNG "Maximale Sicherheit des Restkamms (17.01.2005)
Wischnat plädiert für Totalabbau des Berges (12.01.2005).
Brisantes Gutachten: Der Berg ist nicht zu halten (11.01.2005)
Das Leben der Arbeiter aufs Spiel gesetzt. (30.12.2004)
Bartling: "Kein Abbau an der Steilwand". (20.12.2004)
Neue Hiobsbotschaft: Der Kamm rutscht weiter (17.12.2004)
Weitere Kurzmeldungen
Messingsberg kommt ins Rutschen (15.12.2004)
Messingsberg warnt uns“ - Abbau-Stopp gefordert (15.12.2004)
Fakten (14.12.2004)
Der Berg rutscht weiter (14.12.2004)
Massiver Bergsturz am Messingsberg (13.12.2004)
Informationen zur Vorgeschichte
Von Lobbyisten, Geld und Wasser (29.05.2004)
Wanderung von Loch zu Loch: Das Weserbergland wird zum Schweizer Käse (22.05.2004)
CDU klar gegen weiteren Gesteinsabbau (02.10.2003)
Naturschutz für den Kamm der Weserberge (16.09.2003)
Wand an Wülpker Egge rutscht: Bleibt der Messingsberg stabil? (05.04.2002)
Grüne fordern: „Stoppt den Jahrtausendblick!“ (17.07.1999)
Rutscht die ganze Südwand ab? (24.06.1999)

Fledermaushöhle (gezeichnet: Stefan Meyer)Höhle der lebensmüden Ehemänner und VerlobtenKammweghöhle (gezeichnet: Stefan Meyer)

Pläne und Zeichnungen von der Messingsberger Tiefenhöhle von Stefan Meyer 1996.

Plan vom Keulen- und vom Laubloch (gezeichnet: Stefan Meyer).

Plan vom A2E30-Stbr. Abri

Lage- und Höhlenplan der Expo-Spalten (gezeichnet: Stefan Meyer).